Mittwoch, 21. Dezember 2011

Folge 4: Die TV-Adoptionsfreigabe

Lange dauert es nicht mehr, dann gebe ich meinen Fernseher zur Adoption frei. Ich hatte ja geglaubt, dass nach den ganzen Talksendungen wie Britt oder Andreas Turk keine Steigerung  im negativen Sinn mehr möglich ist. Weit gefehlt. Denn es folgte die Richter-Sendungs-Phase! Alexander Hold, Barbara Salesch und wie die ganzen Amateurschauspieler-Spielplätze heißen. Dagegen sind ehemalige Ausbildungscamps wie Gute Zeiten, schlechte Zeiten heute richtig gut besetzt. Die Privaten nerven dann noch mit den total echten Geschichten aus dem Polizei-Revier bei K11, Niedrig und Kuhnt oder ähnlichem. Irgendwie geht es dort in jeder Sendung um Drogen oder das Milieu. Nein, es geht immer um beides. Aber der schlechte Geschmack breitet sich immer mehr aus: Nachdem wir nun auf 58 Sendern gleichzeitig sehen können, wie man Häuser renoviert und, Tine Wittler sei Dank, umgestaltet, machen die ersten Sender kehrt und gestalten nun Gärten. Andere Sender stürzten sich auf Deutsche, die ins Ausland ziehen und bauschten deren Gejammer zu Doku-Soaps auf. Das Projekt war so erfolgreich, dass nach Goodbye Deutschland schnell ein Willkommen zurück gemacht wurde. Die gleiche Sendung, nur einfach rückwärts abgespielt. Zwischendrin begleiten wir dann noch Deutsche, die im Ausland arbeiten. Ach wie originell! Doch auch gute Sendungen folgen dem Trend zur Verramschung: Die ARD holt einen Oliver Pocher und macht damit die sehenswerte Sendung von Harald Schmidt kaputt. Gut, dieser Fehler ist korrigiert, aber dafür hat Pocher nun seine eigene Sendung, belegt immer noch Sendezeit und haut fleißig alles – nicht witzig, aber zielsicher geschmacklos – in die Pfanne. Apropos Pfanne: Kochen, kochen und kochen. Jeder kocht und immer ist eine TV-Kamera da und überträgt dies live zu Mutti und Vati an den heimischen Herd. Kochen ist ein gutes Stichwort für die zweite – ehemals gute – Sendung. Die Sportschau kocht ihr eigenes Süppchen, aber leider nach dem Kon- und Re-zept von ran. Eine Fußballsendung, in der mehr die Zuschauer, Trainer und der Zeugwart im Bild sind als das runde Leder. Dazu kommen dann noch sinnfreie Experteninterviews mit Studiobesuchern, die im Doppelpass schon lange keiner mehr sehen will.
Aber der Gipfel der Frechheit im deutschen Fernsehen sind die Casting-Shows, die uns Musikfreunden geschenkt werden. Wir dürfen uns Drogenabhängige, Pisastudienverlierer, Alimente verweigernde Gewalttäter beim Singen anhören, bis uns das Blut aus den Ohren läuft. Merzad oder Menowin? Geht es eigentlich noch armseliger? Würg! So, ich geh jetzt und finde heraus, wie ich den Schund bis zur Adoptionsfreigabe in 16:9 und HD anschauen kann.
Bild: reinhard grimm  / pixelio.de

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