Mittwoch, 21. Dezember 2011

Folge 1: Vom Voyeur zum Exhibitionismus

Wir leben in einer Zeit, in der man mit Menschen befreundet ist, die man überhaupt nicht kennt. Wir pflegen Tiere, die wir noch nie gestreichelt haben. Man wird zum Bauern seiner eigenen Farm, ohne Ackergeruch. Man erfährt einfach so viele Sachen, die man noch nie in seinem Leben wissen wollte. Sie wollen wissen, wie das alles sein kann? Durch Social-Network im Allgemeinen und Facebook im Speziellen. Jetzt sagen Sie nicht, Sie haben keinen Account! Das müssen Sie ändern, denn Facebook wird Sie und ihren Charakter verändern. Die erste deutliche Veränderung ist der freiwillige Exhibitionismus. Es beginnt mit dem Ausfüllen der Profildaten, erstreckt sich weiter übers Hochladen von Fotos und nimmt mit dem Ausprobieren der Statuszeile seinen ersten Höhepunkt. Glückwunsch, Du hast deinen ersten Datenstrip hingelegt und Du fühlst dich großartig. Doch die Droge ist irgendwann zu schwach und Du wirst den zweiten großen Wandel durchleben: Du wirst unfreiwillig zum Voyeur. Heute Morgen zum Beispiel hat mir Facebook verraten, dass eine Mitarbeiterin krank ist. Es stand ganz öffentlich an ihrer Pinnwand in der Statuszeile. Gleich nach dem Eintrag: „Party-Pics von gestern – Cool war´s“. Die Krankmeldung per Telefon erhielt ich übrigens 3 Std. später. Der Beweis, es gibt kein schnelleres Kommunikationsmedium. Gegen 14.30 Uhr erhielt ich eine Benachrichtigung. Meine Mitarbeiterin hat Ihren eigenen Status kommentiert „War shoppen, sexy Oberteil gekauft.“ Sehr interessant! Dies wurde mir übrigens nicht per Telefon mitgeteilt – war bestimmt ein Versehen. Das große Teilen und Mitteilen macht riesig Spaß. Und das sogar weltweit. Hier sucht man alte Bekannte, erfährt was sie heute machen und wie es ihnen geht. Letzte Woche habe ich einen alten Freund gefunden. Der lebt jetzt in New Zealand. Stark, oder?
Facebook ist Unterhaltung pur. Mit Freunden kann gemeinsam Aquarien füllen; ich kann bei „Farmville“ zum Bauer mutieren und mir von einer Anwendung die Zukunft sagen lassen. Bei „Frag den fetten Chinesen“ bekomme ich antworten auf alle Fragen, die ich noch nie stellen wollte. Alles so herrlich sinnlos.
Bei all dem Spaß, bei all dem vermeintlich positiven Zeitvertreib möchte ich trotzdem den mahnenden Zeigefinger erheben und Sie warnen:
Facebook hat ein sehr langes Gedächtnis. Facebook speichert alles und wird diese Daten verwenden! Irgendwann! Da bin ich mir sicher. Und dann wird sich zeigen, ob unsere Jugendfotos, witzigen Kommentare etc. nicht zum großen Bumerang werden.
Das Wort „datenschutz“ wird nicht nur hier, sondern vor allem bei Facebook kleingeschrieben. Das sollten Sie nie vergessen. Schützt eure Daten!
Bild: Facebook

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